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© Manuel Hauptmannl

Zurück nach Hause

Uwe Linder leitet seit 2022 die Geschäfte der Stadtwerke Langen. Grund genug, um den gebürtigen Langener zu treffen und mit ihm über die ersten drei Jahre und einen Ausblick in die Zukunft zu sprechen.

Herr Linder, seit wann sind Sie bei den Stadtwerken Langen tätig?

Mein erster Arbeitstag war der 1. April 2022. Danach habe ich vier Monate lang eine sehr offene, kollegiale und intensive Einarbeitung durch meinen Vorgänger Manfred Pusdrowski erfahren. Dafür danke ich ihm ganz herzlich.

Waren Sie vorher auch schon im Energiebereich tätig?

Ja, insgesamt über 30 Jahre, unter anderem bei der Mainova AG in Frankfurt und zuletzt als Geschäftsführer bei der NGN Netzgesellschaft Niederrhein GmbH in Krefeld.

Was hat Sie an der Aufgabe in Langen besonders gereizt?

Unter anderem, dass ich in Langen aufgewachsen und zur Schule gegangen bin. Daher fand ich es sehr spannend, als ich die Ausschreibung der Stadtwerke Langen entdeckt hatte.

Also zurück nach Hause?

Das kann man so sagen, zumal ich die ganze Zeit noch ein Haus in Langen hatte. Außerdem hat mir die Jobbeschreibung zugesagt. Die Tätigkeit als Geschäftsführer eines Netzbetreibers war auf die Dauer etwas einseitig, da habe ich mir gesagt, ich möchte mich gerne wieder etwas breiter aufstellen. Tja, und dann kam die Gaskrise 2022 infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

Also von Anfang an erschwerte Bedingungen?

Genau, die ganze Beschaffungswelt für Erdgas wurde aus den Angeln gehoben und auf den Kopf gestellt. Mengenres-triktionen, die Notwendigkeit zur Energieeinsparung, turbulente und rasante Preisanstiege sowie die Aufkündigung zuvor vorhandener Flexibilitäten haben uns zur Neuorganisation unserer Erdgasbeschaffung gezwungen. Durch die enge Kopplung über den Erzeugungsmarkt hat sich diese Entwicklung auch rasch auf den Strommarkt ausgedehnt. Da klopfe ich meinem Team und mir nachträglich auf die Schultern, dass wir diese herausfordernde Situation gemeinsam gemeistert haben.

Und parallel die Einarbeitung in Ihren neuen Aufgabenbereich?

Zunächst haben wir eine Standortbestimmung für die Stadtwerke Langen vorgenommen, daraus abgeleitet sieben strategische Ziele für das Unternehmen entwickelt und mit 36 konkreten Maßnahmen unterfüttert. Seitdem arbeiten wir an der Umsetzung. Wichtig war uns, diesen Strategieprozess unternehmensweit aufzustellen, sodass jeder Mitarbeitende weiß, wo wir hinwollen und auf diesen Weg mitgenommen wird.

Wurde das gut aufgenommen?

Wenn man Eigenverantwortung stärkt und Handlungsspielräume einräumt, wirkt sich das motivierend auf die Zusammenarbeit aus. Außerdem hat die Einführung des unternehmensweiten „Du“ zu einer sehr vertrauensvollen Arbeitsatmosphäre geführt. Ich möchte sagen, dass hieraus innerhalb der Belegschaft ein kraftvoller Teamspirit gewachsen ist. Ich verwende dafür gerne den etwas altbackenen Begriff „Arbeitskameradschaft“. Das alles zahlt in die von uns angestrebte Stärkung der Arbeitgebermarke ein.

Ein wesentliches strategisches Ziel ist wirtschaftliche Stabilität?

Natürlich ist das wirtschaftliche Ergebnis von zentraler Bedeutung. Einerseits sichern wir damit unsere Investitions- und Handlungsfähigkeit ab. Andererseits kommen wir aber auch der berechtigten Renditeerwartung unserer Gesellschafter nach. Last but not least ist die wirtschaftliche Stabilität auch die Grundvoraussetzung für sichere und attraktive Arbeitsplätze. Und ja, dieser Dreiklang ist mir als Geschäftsführer in der Tat wichtig.

Und wie sieht die wirtschaftliche Situation momentan aus?

Wir haben die Rendite auf einem guten Niveau stabilisiert. Allerdings werden unsere Ergebnisse in Zukunft unter Druck geraten, was an dem enormen Investitionsaufwand liegt, den wir bei der Umsetzung der Energiewende zu bewältigen haben. Für die nächsten 10 Jahre haben wir ein kumuliertes Investitionsvolumen von mehr als 300 Mio. Euro abgeschätzt.

Wie würden Sie die Herausforderungen beschreiben?

Wir haben den Fokus auf die Wärmewende gelegt. Einen rein elektrischen Ersatz des Erdgases halte ich für unmöglich, das wird nicht und vor allem nicht in dem geforderten Zeitrahmen gelingen. Grundsätzlich müssen wir akzeptieren, dass sich die Rahmenbedingungen immer schneller verändern. Wir müssen Veränderung stärker als Chance ansehen und nicht als Risiko. Das gilt etwa für die Digitalisierung oder für den Ersatz von Erdgas durch andere Energieträger. Dazu müssen wir Dinge schneller umsetzen und den Mut haben, mit noch nicht völlig klar definierten Rahmenbedingungen Entscheidungen zu treffen. Zu Trial and Error gehört auch ein bisschen Error dazu, man muss aus Fehlern lernen und die Prozesse immer wieder neu justieren.

Wo sehen Sie die Stärken der Stadtwerke?

Vor allem in unserer gewachsenen Struktur. Wir sind ein fester Bestandteil der Stadt Langen und der Gemeinde Egelsbach. Wir leben mit den Menschen zusammen, die wir versorgen. Deshalb gibt es kurze Wege zu uns und es besteht eine große Kundennähe. Wir fördern zahlreiche Vereine, Organisationen und Einrichtungen und geben der Region damit immer etwas von unserem Ergebnis zurück. Das gibt uns in einer Welt voller Veränderungen eine solide und gesunde Basis.

Gibt es auch Schwächen?

Bei einer Belegschaft – Auszubildende mit eingeschlossen – von rund 130 Mitarbeitenden in Voll- und Teilzeit fehlen uns manchmal die Ressourcen für größere Transformationsprojekte neben dem Tagesgeschäft. Eins ist sicher: Für das, was wir in Zukunft umsetzen wollen, brauchen wir hervorragend qualifizierte Kräfte. Deshalb ist uns exzellente Nachwuchsarbeit und eine zielgerichtete Fort- und Weiterbildung besonders wichtig. Wir müssen an der permanenten Stärkung unserer Arbeitgebermarke arbeiten, denn das hat eine erfolgskritische Bedeutung.

Heißt das, dass die Stadtwerke sich auch personell verstärken werden?

Das müssen wir sogar. Es kommen Aufgaben auf uns zu, für die es klug ist, eigene Ressourcen aufzubauen, anstatt sie extern zu vergeben. So haben wir uns beispielsweise vor zwei Jahren entschieden, eigene Tiefbauressourcen zu schaffen. Bei vollen Auftragsbüchern der Dienstleister wird Tiefbau tendenziell teurer, deshalb ist es vorteilhaft, eigene Kapazitäten unter anderem für den Fernwärmeausbau einsetzen zu können. In diesem Jahr kommt deshalb bei uns mit dem Anlagenmechaniker für Rohrsystemtechnik ein dritter technischer Ausbildungsberuf hinzu.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ich möchte gerne die Zusammenarbeitskultur, die wir gerade aufgebaut haben, stabilisieren und weiterentwickeln. Natürlich steht auch die Abarbeitung der Maßnahmen aus unserem Strategieprozess weiter an, um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadtwerke sicherzustellen. Wenn uns das gelingt, sorgen wir dafür, dass wir weiterhin eine bezahlbare, zuverlässige und ökologisch verträgliche Energie- und Wasserversorgung hinbekommen. Außerdem festigen wir unsere Position als attraktiver Arbeitgeber und spielen eine wichtige Rolle im Konzern Stadt.

Herr Linder, weiterhin viel Erfolg und vielen Dank für das Gespräch.

Ebenfalls vielen Dank.

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